Wissenschaftliche Studie zur kompletten Androgenresistenz der Universität zu Lübeck

Hier eine Zusammenfassung der Cais-Studie der Universität zu Lübeck

Die Studie untersuchte das Hormonprofil von 44 postpubertären Frauen mit vollständiger Androgenresistenz (CAIS). Diese Frauen haben eine nachgewiesene Mutation im Androgenrezeptor-Gen und behalten ihre Gonaden. Die Studie analysierte die Hormonwerte von luteinisierendem Hormon (LH), follikelstimulierendem Hormon (FSH), Testosteron (T), Östradiol (E2) und Sexualhormon-bindendem Globulin (SHBG). Hier sind die Ergebnisse zusammengefasst:

ParameterMedianReferenzbereich (P.2.5-97.5)Üblicher Referenzbereich
LH (luteinisierendes Hormon)18.3 U/l6.9-43.9 U/lOberhalb der normalen Referenzwerte bei Erwachsenen
FSH (follikelstimulierendes Hormon)3.4 U/l0.7-15.6 U/lInnerhalb des normalen Bereichs
Testosteron20 nmol/l7-46 nmol/lMännlicher Referenzbereich
Östradiol103 pmol/l49-227 pmol/lMännlicher/unterer weiblicher Bereich
SHBG (Sexualhormon-bindendes Globulin)51 nmol/l16-100 nmol/lWeiblicher Referenzbereich
Freier Androgen-Index402144-843Unterer Bereich männlicher Referenzwerte
Aromatisierungs-Index (E2/T)5.62.1-15.6Ähnlich dem männlichen Referenzbereich

Wichtige Erkenntnisse:

  1. LH-Spiegel sind höher als bei Erwachsenen ohne CAIS, während FSH im normalen Bereich bleibt.
  2. Testosteronspiegel befinden sich im typischen männlichen Bereich, was auf eine fehlende Androgenwirkung bei CAIS hinweist.
  3. Östradiolwerte sind im männlichen bzw. unteren weiblichen Bereich.
  4. SHBG liegt im weiblichen Normbereich.
  5. Der freie Androgen-Index ist im unteren Bereich des männlichen Referenzbereichs.
  6. Der Aromatisierungs-Index (Verhältnis von Östradiol zu Testosteron) unterscheidet sich nicht signifikant von erwachsenen Männern.

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass CAIS-spezifische Hormonprofile von den üblichen geschlechtsspezifischen Normen abweichen. Dies ist bei der Betreuung von CAIS-Patientinnen von Bedeutung, um eine optimale Diagnose, die Erkennung eines Hypogonadismus und die Steuerung der Hormontherapie zu gewährleisten. Weitere Forschung mit größeren Stichproben ist notwendig, um spezifische Referenzintervalle zu etablieren.

1. Patientenmerkmale

MerkmalDetails
Durchschnittliches Alter20,1 Jahre (Median: 17,2; Spanne: 14-50)
Altersverteilung– <20 Jahre: 31 Frauen
– 20-30 Jahre: 8 Frauen
– >30 Jahre: 5 Frauen
PhänotypÄußerlich weiblich, Brustentwicklung im Tanner-Stadium 5, geringe Behaarung (Vellushaar)
Primäre AmenorrhoeBestätigt durch Bildgebung
HormontherapieKeine bisherige Anwendung
Geschwisterpaare6 Paare

2. Molekulargenetik

Mutation im AR-GenVorkommen
AR-Gen-MutationenBei allen Probandinnen nachgewiesen
Geschwisterpaare6 Geschwisterpaare, 3 Paare mit identischer Mutation

3. Labordaten (Tabelle 2)

Nr.Alter (Jahre)LH (IU/l)FSH (IU/l)T (nmol/l)E2 (pmol/l)SHBG (nmol/l)ASI (LHxT)AI (E2/T)FAI (Tx10³/SHBG)AR-Gen-Mutation
114.022.91.016.122451368.713.9313c.2301del p.(Asp768Ilefs*21)
214.45.52.024.37388133.53.0275c.2194G>T p.(Asp732Tyr)
4450.013.65.420.8217282.510.4c.1196G>A p.(Trp399*)

4. Laborparameter

ParameterMedianSpanneReferenzbereich
LH (IU/l)18.35.5 – 51.10.4 – 12 (Frauen)
FSH (IU/l)3.40.4 – 20.71 – 11 (Frauen)
SHBG (nmol/l)5115 – 10423 – 95 (Frauen)
Testosteron (nmol/l)206 – 520.7 – 1.3 (Frauen)
FAI402124 – 86326.6 (Frauen)

5. Schlussfolgerungen

  • Alle Frauen in der Studie weisen eine Mutation im AR-Gen auf, die den beobachteten Phänotyp erklärt.
  • Die Hormonanalysen zeigen abnormale Werte für LH, FSH, Testosteron und andere Hormone, was auf eine Störung der gonadalen Funktion hinweist.
  • Die Daten unterstützen die Diagnose und das Verständnis der zugrunde liegenden genetischen Mechanismen.

1. Hormonparameter

ParameterMedianSpanneReferenzbereich
Freier Androgen-Index (T x 10³ / SHBG)32
Östradiolspiegel (pmol/l)10348 – 257unterer weiblicher Referenzbereich

2. E2/T-Ratio (Aromatisierungsindex)
Die E2/T-Ratio (Aromatisierungsindex) zeigte eine große Streubreite von 1.6-20.8 (P. 2.5-97.5: 2.1-15.6). Der Median lag mit 5.6 im Bereich des Mittelwertes des von de Ronde publizierten Referenzbereiches (MW ± 2 SD: 2.0-8.4). Elf Probandinnen hatten einen höheren AI, eine einen niedrigeren.


3. Androgensensitivitätsindex (ASI)
Für 43 der 44 Probandinnen konnte der ASI berechnet werden, der mit einem Median von 368.7 U x nmol /l² und P. 2.5-97.5 (99.5-985.7) als Zeichen einer verminderten Androgensensitivität über dem von Hiort et al. publizierten Referenzbereich (6.7-138.7) lag. Fünf Frauen hatten einen ASI in diesem Bereich.


4. Verlauf der Hormonprofile in der Pubertät

PatientinPubertätsstadiumAlter (Jahre)LH (IU/l)FSH (IU/l)T (nmol/l)E2 (pmol/l)SHBG (nmol/l)
AB10.02-0.180.4-5.00-7328-70
BB211.90.02-4.71.0-10.86.5<1968-149
BB514.70.4-122.0-11.616.311343-95

Tab. 4: Verlauf der Hormonprofile in der Pubertät. Pubertätsstadien (B1-B5) nach Tanner und Whitehouse, 1976. Pubertätsstadienbezogene Referenzbereiche (♀/♂) sind in grauer Farbe angegeben.


5. Statistik
Die deskriptiven statistischen Parameter (Stichprobengröße, Minimum, 2.5. Perzentile, Median, 97.5. Perzentile und Maximum) werden im dritten Teil dieses Kapitels aufgeführt. Eine Gesamtübersicht findet sich im Anhang (7.2.). Aufgrund der Untersuchung der Stichproben mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test mit Anpassung nach Lilliestrand konnte eine Normalverteilung der gemessenen Parameter LH, Testosteron, SHBG und der daraus berechneten Parameter FAI und ASI angenommen werden.

Mehr dazu unter

Quelle: https://www.zhb.uni-luebeck.de/epubs/ediss1646.pdf

Prof. Dr. med. Olaf Hiort

Prof. Dr. med. Georg Brabant